90 Dresdner Schüler und ein Aussteiger

Ein Aussteiger berichtet in der Aula des BSZ für Wirtschaft

Ein Aussteiger – 26 Jahre jung berichtet vor 90 Dresdner Schülern

Am 27.01.14 trafen insgesamt etwa 90 Dresdner SchülerInnen, zusammengewürfelt aus der 30. Oberschule in Dresden, dem Berufsschulzentrum für Wirtschaft „Zeiger“ und dem Marie-Curie Gymnasium in Dresden, zu einem besonderen Tag zusammen: Dem internationalen Holocaust-Gedenktag.

Der Politische Jugendring Dresden e.V. hatte hierzu zusammen mit der engagierten Lehrerin Rica Gottwald und mit finanzieller Unterstützung der Doris-Wuppermann-Stiftung geladen, um einem besonderen Referenten zu begegnen: Er heißt Christoph und ist ein Schützling von Herrn M. Ankele, einem Sozialpädagogen des Projekt21II, der Aussteiger aus der rechtsextremistischen Szene betreut.

Christoph ist einer von Ihnen – 26 Jahre jung, eher schmächtig gebaut doch mit Erfahrungen im Gepäck, die er gerne mit jungen SchülerInnen oder auch mit PolizistInnen und RechtsanwältInnen teilen möchte. Erst erzählte Christoph von sich und baute so Hintergrundwissen bei den TeilnehmerInnen auf, damit Weiteres verständlich wird. Er ist mit der Ideenwelt des Nationalsozialismus quasi groß geworden. Durch seine Lese-Rechtsschreibschwäche fand er als 9jähriger Junge den ersten Kontakt zur rechtsextremen Szene. Der große Bruder eines Freundes, der dieser angehörte, brachte ihm mit NS-Lektüre mehr oder weniger das Lesen und Schreiben bei.

Hier zeigt sich, wie früh bereits die Rekrutierungsversuche der Rechtsextremen ansetzen. Mit 10 Jahren wurde Christoph mit Hitlergruß auf dem damaligen Militärfriedhof (heute:Nordfriedhof) in der Nähe der Staufenbergallee vereidigt. Statt den Eltern zeigt er als erstes seinen Kameraden seine Zeugnisse. Diszipliniert und effizient sowie es die Kameraden predigten. Später war er selber am Rekrutieren. In ganz Europa unterwegs, um Gleichgesinnte zu besuchen und Erfahrungen auszutauschen. Geld dazu fehlte nie, es gab ja genug Unterstützer in der Gemeinschaft.

Nach 16 Jahren Loyalität zum braunen Gedankengut fing er an zu Zweifeln. Schlussendlich stieg er aus und kapselte sich fürs erste ab. Wohin auch, wenn das komplette soziale Netzwerk aus „Kameraden“ besteht. Er erzählte uns, wie er aus dieser Ecke wieder rauskam – ein Zeuge einer elitär verschwiegenen Parallelgesellschaft die noch zu oft unbeobachtet gelassen wird.

Herr Ankele vom Projekt21II begleitet und betreut aussteigerwillige Jugendliche wie Christoph in Sachsen und nimmt diese mit zu Präventionsveranstaltungen an Schulen. Welche Zwänge und Probleme diesen Jugendlichen gegenüberstehen, wie die rechte Szene tickt und funktioniert und welche Gefahren davon ausgehen konnte Herr Ankele aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz mit Aussteigern berichten.

Wir danken unseren Kooperationspartnern bei der Veranstaltung Frau Rika Gottwald, Herrn Ankele und dem Schulleiter des BSZ für Wirtschaft „Zeiger“, Herrn Samaras, der uns die Aula des Berufsbildungszentrums für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt hat. Herzlichen Dank auch an die Doris-Wuppermann-Stiftung und die Stadt Dresden für die finanzielle Unterstützung.